Neujahrsempfang der CDU in Brühl: „Wer den Zeitgeist heiratet, wird schnell Witwe!“


Am 10. Januar 2023 fand der traditionelle Neujahrsempfang der CDU Brühl statt. Prominenter Gastredner war Wolfgang Bosbach, von 1994 bis 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages und von 2009 bis 2015 Vorsitzender von dessen Innenausschuss. In seiner Rede ging Bosbach insbesondere auf die aktuellen Herausforderungen der Bundespolitik ein. Aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz aus über fünfzig Jahren Politikgestaltung setzte er diese Herausforderungen immer wieder in Bezug zu historischen Ereignissen und Entwicklungen aus der Geschichte der Bundesrepublik. Hieraus leitete Bosbach die Forderung ab, sich nicht zu schnell von einer veröffentlichten Meinung leiten zu lassen, auch wenn sie sehr in Mode sei: „Wer den Zeitgeist heiratet, wird schnell Witwe!“
Kernthesen seines Vortrags war die Feststellung, dass „sozialpolitisch nur verteilt werden kann, was zuvor leistungsmäßig erwirtschaftet wurde“. Hier sieht Bosbach die Balance, die über siebzig Jahre lang Markenzeichen der Bundesrepublik war, durch die Politik der aktuellen Ampelregierung gefährdet. In sozialpolitischer Hinsicht sprach sich Bosbach gegen eine Absenkung des vorhandenen Rentenniveaus und für eine flexiblere Gestaltung des Renteneintrittsalters aus, um den demographischen Herausforderungen gerecht zu werden. Sein rund einstündiger Vortrag wurde mit großem Applaus des Publikums bedacht.
In seiner anschließenden Rede legte der Vorsitzende der CDU Brühl, André Hess, eine Bestandsaufnahme der aktuellen Stadtpolitik vor und formulierte zugleich einen Forderungskatalog für das neue Jahr:
„Das neue Jahr muss eine Trendwende in der Brühler Politik bringen, damit unsere Stadt nicht weiter den Anschluss verliert. Dafür müssen der aktuelle Stillstand der
Stadtpolitik überwunden und solide Finanzen sowie verlässliche Planungsgrundlagen wieder Richtschnur der Entscheidungen werden.
Die Koalition muss verlässliche Planungsgrundlagen für Unternehmen schaffen. Wer Parkplätze sehenden Auges schließt, darf sich nicht wundern, wenn Einkäufe zukünftig woanders erledigt werden. Auch muss der Stillstand beim Ausbau des Phantasialandes endlich beendet werden: Das Land hat hier seine Hausaufgaben gemacht. Der Ball liegt nun bei der Stadt. Damit das Phantasialand konkurrenzfähig bleibt, muss hier schnell gehandelt werden. Das gerade begonnene Jahr wird auch hier entscheidend sein, ob Brühl weiter abgehängt wird oder den Stillstand überwindet.
Bei einem sich abzeichnenden Loch von rund 30 Millionen Euro im städtischen Haushalt kommt es umso mehr darauf an, Wirtschaftskraft in der Stadt zu halten und die Prioritäten klar zu ordnen. Gedankenspiele rund um eine weitere Gesamtschule oder Verkehrsexperimente wie der Schließung des Belvedere-Parkplatzes müssen daher ein Ende haben.
Hess griff auch nochmals den Wegzug von Renault-Nissan aus Brühl auf:
„Was mich hieran am meisten schmerzt, ist, dass keine erkennbaren Gegenmaßnahmen der Stadtspitze gegen den Wegzug unternommen wurden. Das wäre so unter einem Bürgermeister Kreuzberg anders gewesen.“
Umrahmt wurde die Veranstaltung durch musikalische Einlagen der Brühler Pianistin Sarah Moritz der Kunst- und Musikschule Brühl und dem traditionellen Einzug des Brühler Dreigestirns zum Ausklang.